Jedes Jahr am 30. April wird in Deutschland der Tag der gewaltfreien Erziehung begangen. An diesem Tag wird daran erinnert, dass die Verantwortung für das gewaltfreie Aufwachsen von Kindern die gesamte Gesellschaft trägt – ein Grundsatz, der in Zeiten von Corona aktueller ist denn je. Insbesondere Eltern sollen an diesem Tag ermutigt werden, das Konzept einer gewaltfreien Erziehung in ihrem Familienalltag umzusetzen.
Der Alltag unserer Kinder hat sich in den zwei Pandemie-Jahren stark verändert: Homeschooling, Videokonferenzen, digitale Kommunikation mit Freunden, Wechselunterricht. Was vorher für Ablenkung gesorgt hat, z.B. Freizeitmöglichkeiten wie Sport, Kino, Bolzplatz oder Freunde treffen, fallen weg. Selbst das tägliche Miteinander in der Schule - der Präsenzunterricht – findet seit Monaten nicht mehr statt.
Das Leben der Schülerinnen und Schüler wird seither nicht nur ordentlich durcheinandergewirbelt, sondern komplett in den digitalen Raum verlagert. Sie verbringen insgesamt deutlich mehr Zeit im Netz. Damit erhöht sich auch das Risiko, Opfer von Cybermobbing und Cybergrooming zu werden.
Durch die räumliche Distanz zu Freunden wird verstärkt über Chats kommuniziert. Es geht um persönliche Anliegen, Sorgen oder Wünsche. In Videokonferenzen erhalten Kinder und Jugendliche Einblicke in die Wohnsituation der Klassenkameraden, was Anlass für Sticheleien oder Mobbing sein kann. Hinzu kommen neben dem Leistungsdruck in der Schule auch Verlustängste, wie z.B die Frage, ob eine Freundschaft auch über die räumliche Distanz stand hält?
Die Offenheit der jungen Menschen im Netz kann leider auch missbraucht werden, durch Mobbing oder durch Erpressung sexueller Handlungen und Interaktionen. Umso wichtiger ist die Präventionsarbeit in diesem Bereich. Über Cybermobbing und Cybergrooming muss deshalb verstärkt aufgeklärt und sensibilisiert werden.
Rund um die Uhr sind Eltern und Kinder in diesen Corona-Zeiten zum Teil auf engstem Raum beisammen. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten und ein unstrukturierter Tagesablauf können schnell zu Aggression und Gewalt führen. Viele Familien sind auf sich selbst gestellt - Unterstützungsangebote oder Entlastungsmöglichkeiten sind nicht in Sicht. Soziale Freiräume, die die angespannte Stimmung zuhause korrigieren können, entfallen ersatzlos. Es bedarf ständig wechselnder Abläufe und Räume, Abmachungen, die immer wieder neu verhandelt werden müssen. Stresserleben kann in dieser Ausnahmesituation rapide ansteigen und zu akuten Belastungsreaktionen (psychisch und körperlich) führen.
Über die Gefahren von Cybermobbing muss nicht nur in der Familie sondern auch unbedingt in der Schule aufgeklärt werden. Eine aktuelle Studie von Bündnis gegen Cybermobbing e.V. * zeigt jedoch auf, dass aus Sicht der befragten Schülerinnen und Schülern zu wenig Prävention in Schulen betrieben wird. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Schulen immer weniger Präventionsmaßnahmen anbieten und das Fachwissen unter Lehrkräften zum Thema abnimmt. Der WEISSE RING tritt deshalb in seinen kriminalpräventionspolitischen Forderungen in Schulen für eine Verankerung von Kriminalpräventionsprogramme in der Lehrerbildung und für die Intensivierung der systematischen Präventionsarbeit in der Schule, auch in Zusammenarbeit mit anderen Netzwerkpartnern, öffentlich ein.